Abenteuer Soziologie
Allgemeine Soziologie


 
 
Meine Einladung zur Soziologie
 
 

Nur eine Soziologie, die sich in wissenschaftlicher und engagierter Weise mit den Problemen der sie umgebenden gesellschaftlichen Wirklichkeit auseinandersetzt, behält ihre Legitimation im Hinblick auf die ursprünglichen Gründungsabsichten, die hinter der intellektuellen und institutionellen Formation unserer Disziplin standen. Diese Überzeugung leitete meine eigene Berufung zur Soziologie. Diese Überzeugung möchte ich sowohl in meiner universitären Lehre, meiner wissenschaftlichen Forschung und durch meine journalistische Arbeit weitergeben. Die Soziologie wäre „nicht eine Stunde der Mühe wert, wenn sie ein für Experten reserviertes Wissen von Experten wäre“ (Pierre Bourdieu).

 
 


Für mein Verständnis von wissenschaftlicher Soziologie erscheint es als unverzichtbar, sich an jenen Arbeiten abzuarbeiten, die historisch vor unseren eigenen Bemühungen um das Projekt Soziologie erbracht wurden. Die Bildungsprozesse, die nur durch die innere Auseinandersetzung mit den Arbeiten der Klassiker unseres Faches möglich sind, finden in meinem Fall vor allem mit und am Werk Max Webers statt. Seit Beginn meines Studiums (Universität München und London School of Economics) und während meines bisherigen wissenschaftlichen Forschens und Lehrens (insbesondere an den Universitäten München, Hamburg, Köln und Marburg) auf die Karte Max Weber gesetzt zu haben, erscheint mir nachträglich als die ausschlaggebende Chance für die allmähliche Fundierung meines disziplinären Selbstbewußtseins. Seit einigen Jahren tritt neben die Auseinandersetzung mit Max Weber vor allem die Beschäftigung mit den Werken von Norbert Elias, Pierre Bourdieu, Jürgen Habermas und Anthony Giddens.

 
 


Die Plazierung im institutionellen Feld der universitären Soziologie in Deutschland bringt eine Reihe von äußeren und inneren Privilegien und Verantwortlichkeiten mit sich. Teil dieser Verantwortlichkeiten besteht darin, mir selbst und anderen regelmäßig Rechenschaft darüber abzulegen, wozu und wofür ich das tue, was ich tue. Der publizistische „Streit um die Soziologie“ im Jahre 1996 brachte es mit sich, daß (wieder einmal) sehr pointiert um Sinn und Nutzen gerade der akademischen Soziologie miteinander gerungen werden konnte. Gefragt nach dem größten Nutzen der Soziologie biete ich folgende vier Grundüberzeugungen an:

1. Die wissenschaftliche Soziologie ermöglicht es, den naiven Blick auf die Kompliziertheit gesellschaftlicher und historischer Wirklichkeit durch eine Sichtweise zu ersetzen, die eben dieser Kompliziertheit der Verhältnisse angemessen ist.

2. Dadurch ermöglicht die Soziologie den Menschen, einen wissenschaftlich gebildeten Blick für und das Wissen um ihre realistischen Möglichkeiten in individueller und gesellschaftlicher Hinsicht zu erwerben, sowie um die dabei gegebenen Schwierigkeiten und Grenzen zu wissen.

3. In diesem Sinn ist die wissenschaftliche Soziologie, im Verbund mit anderen Sozialwissenschaften, ein unschlagbares Instrument bei der Entwicklung eines aufgeklärten Konzepts einer menschenwürdigen Gesellschaftsordnung, die es ermöglicht, die Erfordernisse der jeweils individuellen Selbstverwirklichung in einer sozialen Ordnung konstruktiv miteinander zu verbinden.

4. Nachdem die wissenschaftliche Soziologie ganz wesentlich dazu beigetragen hat, das Wissen um die Selbstreflexivität gesellschaftlicher Wirklichkeit zu erarbeiten, ist es ihr größter Nutzen, an der Schaffung gesellschaftlicher Wirklichkeit in aufgeklärter und kritischer Weise mitzuwirken.

 
 
Meine Erwartungen an unsere Studierenden sind recht einfach: Sie sollen sich auf das intellektuelle Abenteuer Soziologie mit Neugier, Wißbegier, Lernbereitschaft und Durchhaltevermögen einlassen. Das wissenschaftliche Studium der Soziologie eröffnet die große Chance, sich auf der Basis intensiver Lesearbeit und den darauf aufbauenden Diskussionen drängenden Fragen an gesellschaftliche Wirklichkeit zu stellen, aufmerksam die permanenten Veränderungsprozesse in Gesellschaften zu verfolgen und historische Etappen gesellschaftlicher Entwicklungen zu rekonstruieren. Wer zu allem diesem nicht bereit ist, wird sich ganz sicher große Ent-Täuschungen beim wissenschaftlichen Studium der Soziologie einhandeln.

 
 
Daß ein wissenschaftliches Studium der Soziologie an der Philipps-Universität (noch) gut möglich ist, werden diejenigen bestätigen, die das an anderen Universitäten überprüft haben. Die personelle und programmatische Vielfalt der Marburger Soziologie macht unser Institut zu einem anerkannten Studienort für ein theoretisch und methodisch grundsolides und vielseitiges Soziologie-Studium mit einigen scharf konturierten Spezialitäten, die sich insbesondere mit den politischen Aspekten gesellschaftlicher Wirklichkeit auseinandersetzen.

Daß die Hochschulpolitik des Landes Hessen dieses Standortprofil der Marburger Soziologie zunehmend bedroht, kann nicht bestritten werden. Nur die gemeinsame Bereitschaft von Lehrenden und Studierenden, die Marburger Soziologie auch in Zukunft entschlossen zu verteidigen und die unverzichtbare Verbindung von Forschung und Lehre aufrechtzuerhalten, wird uns im Widerstand gegen allein technokratische Verwertungsinteressen an unserer Arbeit stärken.

 
 
Meine Erwartungen an unsere Studierenden sind recht einfach: Sie sollen sich auf das intellektuelle Abenteuer Soziologie mit Neugier, Wißbegier, Lernbereitschaft und Durchhaltevermögen einlassen. Das wissenschaftliche Studium der Soziologie eröffnet die große Chance, sich auf der Basis intensiver Lesearbeit und den darauf aufbauenden Diskussionen drängenden Fragen an gesellschaftliche Wirklichkeit zu stellen, aufmerksam die permanenten Veränderungsprozesse in Gesellschaften zu verfolgen und historische Etappen gesellschaftlicher Entwicklungen zu rekonstruieren. Wer zu allem diesem nicht bereit ist, wird sich ganz sicher große Ent-Täuschungen beim wissenschaftlichen Studium der Soziologie einhandeln.